Die Geschichte der Band
Es war irgendwann Anfang der 90er Jahre, sagen wir mal ganz am Anfang also 1990.
Schon seit Jahren hatte Alfred, der Sohn des Krausehofes, auf der Suche nach immer neuen Einkommen, seinen Schweinestall an ein paar Jugendliche aus dem Dorf vermietet. Sie machten dort Musik, wie sie sagten, laute Musik, Krach wie Alfred sagte. Sie spielten nach und nannten sich "Alles geklaut", wie auch sonst. Alfred war es lästig, immer dieser Krach am Abend im Schweinestall. Aber der Preis für Schweinefleisch war im Keller, und ein Band brachte mehr ein als 30 Pieträner Zuchtsauen, auch wenn man die jedes Jahr decken ließ - die Sauen, nicht die Band.
Dann fand Alfred in einem vergessenen alten Brunnen unter den Steinplatten in der Bauernhausküche einen Schatz. Es waren alte Goldmünzen, die vermutlich ein Verwandter in grauer Vorzeit in dem dunkeln Schacht versenkt hatte, damit seine Frau sie nicht in die Hände bekam. Doch was sollte Alfred damit? Er hatte doch alles. Sollte er sich einen neuen Trecker kaufen, einen Heuschwader? Das hatte er schon. Sollte er die Schulden bei der Dorfwirtin begleichen, sollte er seiner Frau 50 paar neue Schuhe kaufen oder den Schweinestall vergrößern und noch mehr Bands einstallen? Nein, all das gefiel Alfred nicht. Er hatte etwas ganz anderes vor. "Ich kaufe mir die Band", sagte er. Gesagt getan.
"Ich mach mit euch eine CD", sagt er zu "Alles Geklaut"."Toll", sagte die Band. "Ihr heißt ab jetzt nicht mehr "Alles Geklaut" sondern "Psychobilly Krautboys On Moonshine", und ich bin euer "Al Gringo", sagte Alfred. "Häh?" sagten die Krautboys. "Wir machen Countrymusik" sagte Al."Och nö" sagten die Krautboys. "Ich zahl euch das Bier für die Proben" sagte Al. "Na gut" sagten die Krautboys. "Das wird Mutter nicht gefallen" sagte Little Joe Schwingo, doch das interessierte keinen. Der Deal war perfekt.
Eine neue Band war geboren: Al Gringo And The Original Psychobilly Krautboys On Moonshine. Al machte mit seinen Jungs die erste CD. "The new kids on the ranch". Madonna, Modern Talking, David Hasselhoff, Deep Purple - er fing langsam an, mit der Band den Krautcountry zu trainieren. Es wurde immer noch nachgespielt, aber anders als früher.
Big C. und Little Jo Schwingo in der Rhythmusgruppe, Berry Heimer und T-Bone Tennessee an den Gitarren. Shitkicker Roth an der Maultrommel, El Mandolito an der Mandoline und mit seiner Geige, Jerry Lee Limpinsel am Klavier und Akkordeon, Papa Moa mit seiner One-Man-Bläser-Band, und die Mädels im Hintergrund, The Rose und Sister Tina. Sie alle fanden nach zwei endlos erscheinenden Proben den Weg zum Krautcountry. Der Musik der 1000 Berge, die wie keine andere die Sturheit und Coolness der Sauerländer widerspiegelt.Die erste CD schlug ein wie ein Kuhfladen auf einer frischgemähten Nordhangweide. Al Gringo und die Krautboys wurden zu Festen eingeladen, nicht nur Hochzeiten, auch Schützenfeste. Das Fernsehen wurde auf die Band aufmerksam. Man spielte für den WDR, für RTL.
Die CD verkaufte sich wie frischer Pferdemist im Herbst, wenn die Erdbeerpflanzen schlafen gehen. Fanclubs gründeten sich, nicht offiziell, sondern unter der Hand. Irgendwo bei Iserlohn und auch in Japan. Auf Interkontinental-Flügen der Lufthansa wurde über die Bordkopfhörer nicht nur "Summer of 69" von Brian Adams, sondern auch die Version von Al Gringo angeboten. So manche Absturzursache blieb Anfang der 90er Jahre ungeklärt.
Den ersten Auslandsauftritt hatten die Krautboys dann in der DDR. Man hatte zum Europafest nach Rostock geladen. Open Air auf dem Rathausplatz war angesagt. Doch die Krautboys lernten, dass Rostock nicht mehr Ausland war und die Veranstalter lernten, dass eine moderne Sauerländer-Krautcountry-Band eine PA braucht, um gehört zu werden.
Es war eine schöne, aufregende Zeit voller Überraschungen und die Krautboys rochen am Schweif des Ruhmes, den Rockmusiker gemeinhin genießen.
Dann kam Hollywood.Regisseur Hansjörg Thurn (der übrigens auf seiner Homepage diesen Lebensabschnitt verschweigt) und Drehbuchautor André Imöhl, der schon die Videos "Im Zeichen des Gringos" produzierte, hatten bei Alfred damals schon fast täglich Kuhmilch frisch aus dem Stall gekauft. Sie brachten die Krautboys ins Kino. Sie bekamen Hilfe von dem Produzenten Michael Wiedemann, der schon bei Filmen wie "Theo gegen den Rest der Welt" tätig war. Der Rest der Filmcrew war schnell gefunden. Anfang der 90er Jahre war der europäische Filmmarkt überschwemmt von drehhungrigen billigen Ostdeutschen der Defa. Nika von Altenstadt (Lindenstraße) und Francesco Pahlevan (Die Wache) wurden als Hauptdarsteller verpflichtet. Til Schweiger fiel beim Casting durch. Der Film "Krautboys - die einzig wahre Al Gringo Story" war im Metropolis in Hagen ein voller Erfolg.
Dazu kam auch die zweite CD raus, "Krautboys" der Soundtrack. Darauf zeigen Al Gringo und die Krautboys, wie er geht, der Krautcountry. "We are the krautboys", "Ladies love Krautboys", "Tears in my beer", "Pilsbeer on my mind", "Sauerland Waltz", "Cheesy Mountain Polka" - da geht's lang, zu den Höhen des Krautcountry-Olymp, dem Kahlen Asten der Rockmusik. Dazu atemberaubende Coverversionen von "Wind of Change" und "Lets talk about sex".
Das war's. Es wurde ruhiger um die Band. Eine Tour? Die Heimat, das Sauerland, die Familie, die Verwandtschaft verlassen - Nein. Da waren sich die Krautboys sicher. So spielten sie weiter auf Festen, nicht nur Hochzeiten, auch Schützenfeste. Nur einmal noch, 1995, als Stefan Raab seine TV-Karriere begann, da ließen die Krautboys kurz aufblicken. "Wir wollen unser Video auf Viva sehen" hieß das Lied. Und "Stefan Raab das Schwein lädt uns nicht ein" die Textzeile. Das Video wurde gespielt und die Krautboys eingeladen. Ein großer Spaß für jung und alt.
Dann wieder Ruhe. Familien gründen, heiraten, Kinder kriegen, arbeiten, Pause machen und Bier trinken. Nur einer wollte mehr. Jerry Lee Limpinsel, der Klavier und Akkordeonspieler. Er war westdeutscher Hallenmeister im Heimorgelspielen. Er hatte noch nie viel mit seiner Heimat am Hut, zog bald nach Bochum, nannte sich Mambo Kurt und machte Karriere. Viel Glück Jerry Lee.
Vergiss die Krautboys nicht.